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Sommerpause

bis 31. August

Liebe Theaterfreund*innen,

wir sind in der Sommerpause!

DIE WEITE WELT STEHT IHNEN OFFEN – in diesem Satz aus Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull steckt so viel Sehnsucht, Fernweh und Verheißung, dass er uns gerade recht kommt für unser Balkonbanner während der Spielzeitpause. Er liest sich wie eine Überschrift des Sommers, eine Aufforderung zum In-die-Weite-Schweifen. Jetzt tun genau dies sicher viele von Ihnen und natürlich auch viele Kolleg*innen hier am Staatstheater. Einige kehren aber früher zurück – unter anderem das Team der Theaterkasse und des Abobüros, denn das ist ab dem 19.8. wieder für Sie da!
Die gute Nachricht ist, dass Sie auf die weite Welt hier in Mainz gar nicht verzichten müssen, egal, ob Sie von Ihren Reisen wieder zurück sind oder vielleicht gar nicht wegfahren konnten. Denn am 31.8. öffnen wir wieder unsere Bühnen für Sie und laden Sie ein zu Welt- und Zeitreisen.
Durch die Weite einer Reise kommen wir, das ist das schöne Paradoxon der Bewegung, ganz nah zu uns selbst. In die Ferne blicken, den Horizont weiten, aus der Monotonie der Zeit heraustreten, feststellen, dass wir gar nicht das Zentrum der Welt sind. Im Nichtverstehen, in der Irritation, der Fremdheit, der ungewohnten Wildheit oder Schönheit, den verblüffenden Begegnungen: Im Reisen suchen wir das Staunen. Und wenn durch die Kraft der Differenz der Blick auf das Andere zum Spiegel, also zum Staunen über uns selbst wird, ist viel gewonnen. Erkenntnis zum Beispiel. Wie jene, dass die weite Welt eben nicht allen offensteht und es einen brutalen Unterschied gibt zwischen Welterforschung und Vertriebenwerden. Dass außerdem Immanuel Kant recht hatte mit der Formulierung, dass „ursprünglich niemand an einem Orte der Erde zu sein mehr Recht hat, als der andere“.
Das Großartige am Theater ist, dass es vollkommen grenzenlos sein kann. Mit etwas Offenheit und der Bereitschaft, sich Zeit zu nehmen, lässt sich hier Wirklichkeit gegen Möglichkeit tauschen. Das eine eigene Leben gegen viele verschiedene Leben, gegen Weltwissen in poetischer Übersetzung von Sprache, Klang und Bewegung. Dichtung ist Verdichtung der weiten Welt. Als Reisende*r ebenso wie als Zuschauer*in bin ich nicht außerhalb, sondern Teil dessen, ich verändere das Bild und die Erzählung wie Bastian Baltasar Bux in der Unendlichen Geschichte. Niemand sieht und erlebt wirklich dasselbe und viele verschiedene Perspektiven lassen sich dann im Austausch zusammenfügen.
Reisen bilden die Grundstruktur unzähliger großer Mythen und Geschichten, von der Odyssee bis zum Schelmenroman, womit wir wieder bei Felix Krull wären, denn der Hochstapler gehört in diese Gattung. Er gilt als der Gentleman unter den Ganoven, doch ganz so harmlos ist es nicht. Denn eigentlich ist er der Erfinder der kalten Empathie, der instinktiv weiß, wie er andere manipulieren kann. Hochstapelei ist eine kulturelle Praxis und heute viel verbreiteter, als man meinen könnte. Denn das erfundene Selbst bestimmt unser Leben in Zeiten von Social-Media-Filtern und Egoinszenierungen. „Fake it till you make it“ als Leitspruch der Spätmoderne macht den Hochstapler zum Kulturtypus unserer Zeit. Und wenn das Theater zum Weltreisen einlädt, könnte das den Kollateralnutzen haben, dass wir besser darin werden, Strategien zu durchschauen, je mehr Geschichten wir gesehen haben. Übung macht den Meisterdetektiv im Erspüren des falschen Scheins, Kunst und Kultur sind eine echte Gefahr für rechte Politclowns, denn sie legen die Muster bloß.

Es heißt, wir suchen die „Wiederverzauberung der Welt“ im Reisen. Ich bin überzeugt, wir finden Sie auch im Theater. Das ist ein Versprechen. Und eine Einladung, die weite Welt steht Ihnen offen!

Wir freuen uns auf Sie.

Ihr
Markus Müller
Intendant



Staatstheater
Mainz